Botox...nicht ganz ungefährlich
Ein bisschen Botox in die Stirn, etwas Kollagen unter die Krähenfüße
und schon sind die Falten weg. Klingt gut...
Die Ärztin sticht mit dünner Kanüle in die Stirn, so tief es geht. Als sie die
Knochenhaut erreicht, knirscht und knistert es. Sie zieht die Kanüle wieder etwas zurück,
um dann den Spritzeninhalt mitten hinein in die Zornesfalte zu drücken. Es blutet ein
bisschen Tupfer! , und weiter gehts...
Die Prozedur tut weh. In der Spritze steckt Botolinum Toxin (Handelsname Botox oder Dysport),
ein tödlich wirkendes Gift, das als Biowaffe und eines der potentesten Naturgifte der
Welt gilt und seit neuestem, stark verdünnt, als Trendmittel gegen Falten eingesetzt wird.
Durch Botox-Injektionen verschwinden Denker- und Lachfältchen, die Gesichtszüge entspannen
und glätten sich vorübergehend. Etwa sechs Monate lang kann man weder die Stirn runzeln
noch richtig blinzeln, und beim Lachen bewegt sich nur der Mund. In Amerika spricht man schon
von den leblosen "Hollywood-Masken". Der Vorteil von Botox gegenüber einschneidenden
Eingriffen liegt auf der Hand: keine OP, keine Narkose, keine Narben, keine Auszeit. Frauen
sehen die problemlose "Entfaltung" und mancher Experte das schnelle Geld.
Ins Gerede gekommen ist das Nervengift durch private Botox-Partys oder Spritzen in der Sushi-Bar,
Imbiss und Drink inklusive. Sogar Friseure sollen schon, zwischen Shampoo und Styling, die
eine oder andere Spritze gesetzt haben. "Wahrscheinlich wird die Faltenbehandlung demnächst
sogar im Einkaufszentrum stattfinden", vermutet
Dr. Constance Neuhann-Lorenz, Präsidentin der ästhetisch-plastischen Chirurgen, auf
deren Jahrestagung.
Dabei ist Botox wirklich nicht ohne, es kann eine Menge passieren, besonders dann, wenn unerfahrene
"Experten" ohne Ausbildung zur Spritze greifen. Werden zum Beispiel Nerven oder Gefäße
getroffen, läuft das Gift unkontrolliert aus: Hängelider und schlaffe Brauen können
die Folge sein.
Unverantwortlich findet Dr. Schleicher, ästhetisch-plastische Chirurgin am renommierten
Caritas-Krankenhaus in Regensburg, den Versuch, die Falten um den Mund herum zu lähmen.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass man anschließend die Lippen nicht mehr richtig schließen
kann, das Lächeln verändert sich, die Aussprache wird schwerfällig und man kann
"Suppe" weder sagen noch löffeln.
Bis sich das Gift langsam wieder abbaut, dauert es Wochen. Wichtig ist es also, unbedingt zu
erfahrenen Dermatologen oder ästhetisch-plastischen Chirurgen zu gehen. "Wie das
Ergebnis aussehen wird, lässt sich
trotzdem nur ganz schwer voraussagen", sagt Dr. Schleicher.
Asymmetrische Falten sind am schwierigsten auszugleichen. Bei dickerer Haut sind die Ergebnisse
generell schlechter. Und in Amerika diskutieren Wissenschaftler, ob es auf Dauer nicht doch
zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt. Ganz wichtig: Aspirin und Botox dürfen nicht
gleichzeitig genommen werden, auch
Sport ist direkt nach der Spritze tabu.
Für Mund und Lippen
Die Anti-Falten-Polster
Bei scharfen Mundfalten oder schmalen Lippen hilft Botox nicht weiter da muss ein Material
her, das aufpolstert. Am besten erforscht ist Kollagen, das seit der BSE-Diskussion allerdings
einen schlechten Ruf hat (obwohl die Hersteller immer wieder versichern, dass sie ihr Kollagen
nur von Rinderhäuten amerikanischer geschlossener Herden gewinnen). Außerdem kann
es durch Kollagen zu schweren Allergien kommen mit Rötungen und wulstigen Schwellungen,
die über Jahre bleiben.
Der Lieblings-Faltenfüller vieler Dermatologen ist deshalb inzwischen Hyaluronsäure
eine Aminosäure, die auch im Körper vorkommt. Sie ist zähflüssiger als
Kollagen, soll länger halten, wird biotechnologisch hergestellt und macht so gut wie keine
Allergien.
Seit kurzem wird auch natürliche, aus Hahnenkämmen gewonnene Hyaluronsäure verwendet,
die im so genannten Cross-Link-Verfahren gespritzt wird. Dabei wird die Säure netzartig
mit vielen Einstichen gleichmäßig über die ganze Wangenpartie verteilt. Anschließend
soll die Haut nicht nur praller und voller wirken, sondern auch wieder eigenes, frisches Kollagen
bilden können. Also Hilfe zur Selbsthilfe entsprechende Studien laufen noch.
Aus der Behandlung von Aids-Patienten ist die Milchsäure bekannt, mit der Gesichter modelliert
werden und sich selbst eingefallenes Gewebe gut auffüllen lässt. Für oberflächliche
Lippenfältchen taugt sie dagegen nicht, es können sich kleine Knötchen bilden.
Auch Eigenfett wird unter die Falten gespritzt, ebenfalls nicht ohne Risiko: Manchmal kommt
es zu kleinen Beulen, die dann wieder abgesaugt werden müssen.
Einige Ärzte setzen statt Fett Plasmagel ein, das kurz vor dem Eingriff aus dem eigenen
Blut gewonnen wird. Alle diese Stoffe haben nur eine vorübergehende Wirkung. Sie bauen
sich von allein wieder ab und machen keine Dauerprobleme. Um etwas länger haltbar zu sein,
werden sie oft mit Botox kombiniert. Die Kosten liegen zwischen
90 und 800 Euro pro Sitzung, in Krankenhäusern ist es meist billiger als in schicken Anti-Age-Praxen.
Neue Materialien
Falten Weg für immer
Immer mehr Implantate sollen Falten jetzt dauerhaft aufpolstern. Das Zulassungsverfahren dafür
ist relativ lasch. Und junge, karrierebewusste Ärzte, die die neuen Materialien im Rahmen
einer klinischen Studie austesten wollen, sind leicht zu finden. Frauen, die sich darauf einlassen,
werden automatisch zu Versuchskaninchen. Da wurde zum Beispiel ein neues "Hydrogel"
über Monate gespritzt und erst ein Jahr später entdeckt, dass es massive Nebenwirkungen
macht. Ob es vom Markt genommen werden muss, ist fraglich.
Manche Ärzte spritzen auch immer noch Silikonöle, die seit Jahren stark kritisiert
werden, weil sie durch den ganzen Körper wandern können. Oder es werden Acrylkügelchen
genommen, die mit der Zeit tast- und sichtbar werden.
"Bei uns in der Praxis werden solche Materialien generell nicht eingesetzt", sagt
Hautarzt Dr. Welf Prager vom Dermatologikum Hamburg kategorisch. "Das ist einfach zu gefährlich.
Irgendwann entzünden die sich, das kann
auch nach zehn Jahren noch losgehen. Dann versucht man, die Silikonpartikel oder die Kügelchen
einzeln herauszuoperieren. Das ist so gut wie unmöglich, und es gibt immer Narben!"
(Quelle: www.brigitte.de)
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